27.11.2023
Im Einsatz für die Musik: der Organist Bertram Adler

Ein Beitrag zu "Menschen in der EKM" von Anja Christof und Solveig Grahl

Alles begann in der Adventszeit 2022. Bertram Adler, ehrenamtlicher Organist im Kirchenkreis Naumburg-Zeitz, saß an einer der vielen Orgeln im Nördlichen Zeitz und spielte „Die Nacht ist vorgedrungen“, mit dem Text von Jochen Klepper und der Melodie von Johannes Petzold (EG 16).

Von den Sitzbänken kam nur leises Gemurmel, kaum jemand sang mit. „Danach haben mir die Gemeindeglieder gesagt: ‚Ja, das ist so schwierig zu singen. Da kommen wir nicht so gut mit.‘ Und da hab ich mir gedacht, da muss man doch was tun!“, erinnert sich Bertram Adler.

Tolle Texte, schwierige Melodie. Die Idee war geboren: Bertram Adler komponierte die Melodie des Adventsliedes so um, dass sie einfacher wurde, singbar. Und er nahm sich das evangelische Gesangbuch zur Hand, durchstöberte es nach weiteren Texten von Jochen Klepper – und stellte fest: Auch andere Lieder waren oft rhythmisch sehr kompliziert und für die Gemeinde schwer zu singen; die Melodien zudem manchmal recht gleichförmig und etwas langweilig. „Um diese großartigen Texte deutlicher zur Wirkung zu bringen, habe ich auch noch ein Weihnachtslied, eines zum Jahreswechsel sowie ein Abendlied von Klepper neu vertont“, erinnert sich Bertram Adler.

Kleppers Texte liegen dem ehrenamtlichen Organisten am Herzen. Er fing an, sich intensiver mit dem Journalisten zu beschäftigen, las eine Biographie über ihn: „Wie er gelitten hat in der Zeit des Nationalsozialismus mit seiner jüdischen Frau. Er verlor seinen Job als Journalist beim Rundfunk. Später durfte er seine Texte nicht mehr veröffentlichen und wurde mundtot gemacht. Während des Kriegs versuchte er noch, seiner Tochter die Ausreise aus Deutschland zu ermöglichen. Das gelang aber nicht. So kam vieles zusammen und Klepper wurde immer resignierter. Schließlich sah er keinen anderen Ausweg mehr, als mit Frau und Tochter aus dem Leben zu scheiden. Sein Schicksal fand ich sehr traurig. Es hat mich berührt und betroffen gemacht. Dabei bringt er in seinen Texten so viel Hoffnung zum Ausdruck.“

In Kleppers Kirchenliedern sind viele hoffnungsvolle Bibelzitate verarbeitet. Er fand dort wohl selbst Trost und Zuversicht. Aber wie klingen Trost und Hoffnung? Worauf kommt es an bei der Neukomposition? „Ich suche mir besonders tröstliche oder hoffnungsvolle Textstellen und Worte heraus und vertone diese als Höhepunkt der Melodie. Das heißt, ich verwende die höchsten Töne in der Melodie dafür. Wo es um Ruhe, Trauer und Resignation geht, benutze ich besonders tiefe Töne. Oder ich wechsele innerhalb der Melodie von Moll zu Dur an Stellen, wo aus einer eigentlich finsteren, düsteren Stimmung dann doch irgendwie die Hoffnung durchschimmert“, sagt Bertram Adler.

Ein Jahr lang hat sich der Organist intensiv mit Leben und Werk von Jochen Klepper beschäftigt. Was hat er für sich selbst und für andere mitgenommen? „Dass man trotz allen schwierigen, scheinbar ausweglosen Situationen immer Hoffnung sucht, auch in der Bibel.“

Bertram Adler freut sich auf die Adventszeit. Und er ist gespannt, ob die Gemeinde diesmal kräftig mit einstimmt, wenn „Die Nacht ist vorgedrungen“ erklingt - mit neuer Melodie.

Auf Youtube gibt es drei Lieder, eingespielt von Bertram Adler: https://t1p.de/BertramAdler

 

Zu Jochen Klepper

Jochen Klepper (1903 - 1942) ist nach Martin Luther und Paul Gerhardt der beliebteste Dichter im Evangelischen Gesangbuch. Lieder mit seinen Dichtungen: „Die Nacht ist vorgedrungen“ (EG 16), „Du Kind, zu dieser heilgen Zeit“ (EG 50), „Der du die Zeit in Händen hast“ (EG 64), „Gott Vater, du hast deinen Namen“ (EG 208), „Freuet euch im Herren allewege“ (EG 239) „Gott wohnt in einem Lichte“ (379), „Ja, ich will euch tragen“ (EG 380), „Er weckt mich alle Morgen“ (EG 452), „Schon bricht des Tages Glanz hervor“ (EG 453), „Der Tag ist seiner Höhe nah“ (EG 457), „Ich liege, Herr, in deiner Hut“ (EG 486) und „Nun sich das Herz von allem löste“ (EG 532)