27.10.2023
Reformationstag oder Halloween?

Eine Betrachtung von Johannes Rohr, Ordinierter Gemeindepädagoge im Nördlichen Zeitz.

Um eines vorweg zu nehmen: ich habe nichts gegen Lebensfreude oder Feste, die zur Verkleidung einladen. Dass es „Halloween“ gibt, stört mich nicht. Ich habe nichts gegen fremde Feste und Feiertage. „Jeder sollte nach seiner Fasson selig werden“ sagte schon Friedrich II.

Als ostdeutscher Lutheraner liegt mir der Reformationstag aber logischerweise näher am Herzen. Der Reformationstag hat für mich eine besondere Bedeutung. Und sicher nicht nur für mich, sondern für viele Christen aus Mitteldeutschland (und weltweit). Reformation heißt „Erneuerung“ oder „Wiederherstellung“. Dieser Feiertag ruft mir immer wieder in Erinnerung: „Es gibt Reformations-Bedarf! Unsere Kirche ist nicht perfekt. Lasst uns daran arbeiten, dass sie besser wird!“.  Oder um es mit Worten von Jesus zu sagen „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Matthäus 5, 16).

Gleiches gilt für unsere Gesellschaft. Lasst uns daran arbeiten, dass diese Welt eine bessere wird! Das ist der Reformationstag für mich. Ein Stück Heimatgeschichte, die zur Verbesserung der bestehenden Umstände aufruft.

Halloween dagegen… nun sagen wir es so, die nachfolgenden Sätze sollte man mit einem Augenzwinkern lesen. Halloween hat für mich keine kulturelle Beheimatung. Es wirkt für mich aufgesetzt, lediglich nahegelegt durch eine hyperkapitalistische Vermarktung. „Halloween die Gummibärchen!“, „Halloween die Deko-Ausstattung!“, „Halloween das Kürbisset!“, „Halloween – das Polyesterkostüm!“, „Halloween – der Flammenwerfer!“.

Es geht also darum, den Menschen Kalorienbomben und unnötigen Plastekram zu verkaufen.

Mit dem ursprünglich irischen Totengedenken und Geistervertreiben vor Allerseelen (1. November) hat das nichts mehr zu tun. Halloween wirkt auf mich wie eine wirtschaftliche Fördermaßnahme vor dem Weihnachtsgeschäft.

Was Halloween für mich tatsächlich gruselig macht, ist die Wertevermittlung. Stellen sie sich vor, eine Mutter würde folgenden Satz zu ihrem Kind sagen: „Selbstverständlich darfst du anderen Menschen Gewalt androhen! Solange du dadurch bekommst, was du willst, ist das völlig okay!“ Fänden Sie diesen Satz als erzieherische Maßnahme okay? Nein?

Denn genau das vermittelt Halloween. Man darf vermummt (verkleidet) seine Mitmenschen bedrohen, um an Süßigkeiten zu kommen – „Süßes sonst gibt’s saures!“. Dass dieses Verhalten als normal und akzeptabel gelten kann, bereitet mir Bauchschmerzen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, wenn eine Familie Halloween nutzt, um eine lustige Verkleidungsparty zu feiern, ist das völlig okay. Halloween sollte nur nicht dafür sorgen, dass Kinder Albträume bekommen. So lange das Wohlergehen aller Mitmenschen bewahrt wird, ist alles in Ordnung.

Denn es lohnt sich den 31. Oktober zu feiern. Im Idealfall sorgt dieser Tag für die freundschaftliche Begegnung verschiedenster Menschen, für mitmenschliche Erneuerung. Genießen Sie diesen Tag. Vielleicht mit Kürbissuppe und Reformationsbrötchen (bei der Herstellung können Kinder wunderbar mithelfen), vielleicht mit Gebet oder besonderer Gemeinschaft.

Und wenn es klingelt, empfangen Sie die kleinen Gäste mit einem strahlenden Lächeln.

„Süßes oder saures!“ „Erst möchte ich bitte etwas hören.“ „Ein Gedicht?“ „Nein. Die Thesen. Alle 95."