20.03.2020
Hausandacht zum Sonntag Lätare, 22. März 2020
von Friederike Rohr
Wochenspruch: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Johannes 12,24)
Gebet
Guter Gott,
ich sitze heute allein hier in meiner Wohnung,
und doch weiß ich so viele, die auch mit mir beten.
Dein Geist verbindet uns miteinander.
Inmitten all der Gedanken von Sorge und Einsamkeit
öffne mir heute Herz und Verstand für dein Wort.
Amen
Lesung: Jesaja 66, Verse 10-14
Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt! Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid. Denn nun dürft ihr saugen und euch satt trinken an den Brüsten ihres Trostes; denn nun dürft ihr reichlich trinken und euch erfreuen an ihrer vollen Mutterbrust.
Denn so spricht der Herr: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach. Da werdet ihr saugen, auf dem Arm wird man euch tragen und auf den Knien euch liebkosen.
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden. Ihr werdet's sehen und euer Herz wird sich freuen, und euer Gebein soll grünen wie Gras. Dann wird man erkennen die Hand des Herrn an seinen Knechten und den Zorn an seinen Feinden.
Impuls
Wir leben in diesen Tagen, inmitten der Passionszeit, inmitten der Krise, inmitten von Angst und Sorge. Wir leben inmitten der Fastenzeit, die in diesem Jahr so viel mehr Verzicht von uns fordert. Verzicht auf Gesellschaft, Verzicht auf gemeinsame Gottesdienste oder Verzicht auf Anteilnahme und Gesten der Zuneigung.
In der letzten Woche haben uns die Nachrichten und die Bestimmungen überrollt. Gefühlt ist es Monate her, dass wir miteinander unbeschwert feiern konnten. Dass wir über das Fastenmotto: „Verzicht – sieben Wochen ohne Pessimismus“ sprachen und es als leichte Übung empfanden. Die Welt hat sich verändert und die Angst vor dem unbekannten Virus lässt die Menschen vielerorts unmenschlich werden. Andernorts erwächst aus ihr ganz viel Mitmenschlichkeit.
Heute ist Lätare – Freuet euch! Und mein Herz geht auf, wenn ich Jesaja zuhöre, wie er uns die Zukunft in schönen Farben ausmalt. Er spricht von Frieden, Trost und grünem Gras. Dieser Prophet, der auch als Jesaja an die Menschen schreibt, hat es mit einer ganz besonderen Situation zu tun. Das Volk Israel ist aus dem Exil zurückgekehrt, aber es ist nichts mehr so, wie es vorher war. Es braucht seine Zeit, bis die Menschen ihren Alltag und ihr neues Leben geordnet haben. Jesaja spricht vom Trost, den Gott dem Menschen schenkt, so wie eine Mutter es bei ihren Kindern tut. Aber Trost ist nichts, was all das Elend auf einmal aufhebt. All die Aufgaben stehen den Menschen trotzdem bevor. Doch der Trost, den Gott dem Volk durch den Propheten zuspricht, enthält die Zusage, dass Gott das Elend und die Sorgen der Menschen sieht. Sie wissen, dass Gott bei ihnen ist und das macht es für sie leichter.
Wir sind noch nicht so weit, dass wir nach dem Durcheinander, nach dem Verzicht, wieder einen Alltag organisieren. Wir stehen noch mittendrin und fragen uns, ob und wann diese Ungewissheit und diese Krise mal ein Ende haben. Wir schreiben als Mitarbeiter eine Absage nach der anderen. Nicht nur offizielle Veranstaltungen, sondern auch private Feiern sind betroffen. ABSAGE wird wohl das meistgesagte Wort in diesem März sein. Mit den Worten Jesajas kommt mir gerade das Bild einer Kollegin in den Sinn. Darauf zu sehen ist ein großer Regenbogen und darunter steht: Nicht abgesagt ist … Sonne, Frühling, Regen, Liebe, Musik, Phantasie, Freundlichkeit, Gespräche, Beten und Hoffnung.
Gott will uns trösten. So, wie eine Mutter ihren kleinen Sohn auf den Schoß nimmt und über die Wunde pustet. So, wie ein Vater, der seine Tochter in die Arme schließt und die Tränen trocknet. Wir dürfen mit Gott innehalten. Dürfen uns trösten lassen. Wenn wir dann die Augen aufschlagen, werden sich die Nachrichten weiter überschlagen. Wir werden weiterhin nicht wissen, was uns in den kommenden Tagen und Wochen erwarten. Aber wir dürfen gewiss sein, dass es einmal wieder anders wird. Dass auf den Winter der Frühling folgt, dann der Sommer und irgendwann der Herbst. Hoffnung ist es, die uns auch in schweren Zeiten miteinander verbunden hält und weiter schauen lässt als nur in die kommenden, vielleicht noch schwierigeren Tage.
Und dann gibt uns Paulus in seinem zweiten Brief an die Korinther noch eine Aufgabe, denn wer getrost ist, der kann noch weitergehen: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis, damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.“ (2. Kor 1, 3 u 4)
Lied
Evangelisches Gesangbuch Nr. 98 Korn, das in die Erde
Glaube im Alltag
Der Wochenspruch macht uns darauf aufmerksam: das Weizenkorn weist über den Tod hinaus. Die Liebe wächst, um uns herum wird langsam alles grün. Eine schöne Tradition ist es, an Lätare etwas Kresse oder Ostergras zu säen. So wird es zum Osterfest schön grün sein und im Falle der Kresse auch köstlich. Ein wenig feuchte Watte oder Küchenpapier reicht den Samen als Grundlage aus.
Fürbitte
Barmherziger Gott,
du versprichst uns Trost, den wir in diesen Tagen so sehr brauchen.
Ich bitte dich für alle, die ihre Hoffnung verloren haben, für alle, die ihren Mut verloren haben, sei ihnen Nahe und leite sie durch diese Tage.
Ich bitte dich für alle, die sich für andere engagieren, schenke ihnen von deiner Kraft und leite sie durch diese Tage.
Ich bitte dich für unsere Gemeinde, wenn wir nun nicht gemeinschaftlich beieinander sein können. Schenke deinen Trost, damit wir uns gewiss sind, dass es einmal wieder anders wird.
Ich bringe vor dich, was mir am Herzen liegt: …
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name …
Amen
Segen
Gott, sende deinen Segen über mich und dieses Haus, über die Menschen meiner Stadt. Begleite uns und schenke uns deinen Frieden. Amen