25.03.2021
Der 6. Fastenbrief: "Verzeihung?!"

Herzlich willkommen bei „Spielraum! 7 Wochen ohne Blockaden“

Als ich am Mittwoch nach dem Mittagsgebet von der Lutherkirche nach Hause gegangen bin, hörte ich schon unterwegs davon, dass wichtige Teile des „Osterlockdowns“ zurückgenommen worden sind und dass sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel für die dadurch verursachte Verunsicherung entschuldigt hat. „Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler!“ äußerte sie gegenüber der Öffentlichkeit. Ob das richtig war, wird die Zukunft zeigen. Aber ihre Entschuldigung hat mich sehr berührt und ich habe dafür Respekt. Wann hört man das schon noch, dass jemand die Verantwortung für etwas übernimmt und sich entschuldigt.

Jesus hat seinerzeit einen neuen Umgang mit Schuld gepredigt und daran erinnert, dass wir gegenüber unseren Mitmenschen und damit vor Gott, bei allem Bemühen, auch Fehler machen, denn sie gehören zum Leben. Und als Petrus ihn einmal fragte: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal? sprach Jesus zu ihm: Ich sage dir: „Nein, siebenundsiebzigmal“, Ist das nicht übertrieben, werden manche von uns sagen. Wie kommt Jesus auf diesen Gedanken? Im Vater Unser bekommen wir dazu eine Antwort, wenn es heißt: „…vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern!“ So wie wir immer wieder schuldig werden und der Vergebung bedürfen, sollen auch wir unseren Mitmenschen gegenüber immer wieder nachsichtig sein. Jesus hat uns das vorgelebt.

Sein Umgang mit den Schattengestalten der Gesellschaft, den Huren, Zöllnern usw., bleibt auch heute noch provozierend. Wer seine Schuld aufrichtig bereut, dem möge vergeben werden und soll eine neue Chance bekommen. Das hört sich einfach an, ist es aber oft nicht. Andererseits ist das der einzige Weg, der einen Heilungsprozess in Gang setzen kann. Ich wünsche mir, dass wir in einer Gemeinschaft leben, die zugeben kann, dass da „Wo gehobelt wird, Späne fallen!“ und dass wir einander gestatten, zu unseren Fehlern zu stehen, denn nur dann können wir alle miteinander aus Fehlern lernen und die Zukunft friedlich und zum Wohle von uns allen gestalten.

Darum Verzeihung?! – JA bitte! Siebenundsiebzigmal oder anders gesagt: So oft wie immer nötig!

Mit herzlichen Segenswünschen

Ihre Christin Ostritz

Pastorin im Pfarrbereich Bad Kösen